Dank hoher Sicherheitsstandards, Sicherheitsgurt, Sicherheitsabstand und Sicherheitstechnik leben wir heute so sicher wie noch nie zuvor. Dennoch haben wir so viel Angst wie noch nie zuvor. Warum ist das so?
Sicher geben Sie mir Recht, dass man sich ergeben sollte, wenn man mit einer Waffe bedroht wird. Waffen sind wirklich gefährlich. Autos auch. Wütende Ehepartner wahrscheinlich auch. Aber sonst? Muss man wirklich vor allem Angst haben? Es wäre sicher schlauer, wenn wir die mediale Panikmache und die tausenden Warnhinweise um uns herum einfach mal ignorieren würden.
Ein paar der Warnhinweise, die ich in den letzten Jahren gesehen habe, sind hier abgebildet. Sie befinden sich sozusagen auf der sicheren Seite. Die Schilder berichten aus sicherer Quelle, dass man sich vor Katzen, Kühen und Eisbären in Sicherheit bringen sollte. Vor freilaufenden Menschen sowieso. Und vor gemeingefährlichen Bieraufzügen. Wenn man die Gefahr nicht konkret benennen kann, dann schreibt man einfach „Lebensgefahr“ aufs Schild. Lebensgefahr geht immer.
Ansonsten hat jede Region ihre individuellen Sicherheitsrisiken: In Kroatien wurde ich vor Bodenminen gewarnt, in Kalifornien vor Erdbeben und in Irland vor Schafen. Am meisten gefreut habe ich mich über das Verbotsschild „Riding a bicycle while drunk is prohibited on a mountain!“ in Georgien. Besoffen Fahrradfahren auf einem Berg geht gar nicht, viel zu gefährlich! Besoffen Fahrradfahren im Tal? Scheint OK zu sein.
Wege am Wasser können nass sein, große Überraschung. Und unnötiges Rasten versuche ich bei Bergwanderungen sowieso zu vermeiden – schließlich wäre es ja der Gipfel, wenn man diesen nie erreichen würde. Aber ganz ohne Risiken und Nebenwirkungen wäre das Leben doch langweilig. Wie sagt schon der angelsächsische Volksmund: No Risk, no fun.
Wenn man den Schilderwahn und die mediale Panikmache ernst nimmt, fragt man sich, ob es überhaupt noch einen Ort gibt, wo man save ist. Sicher gibt es den: Südtirol. Denn nur hier heißt der Abteilungsdirektor im Straßendienst Sicher. Da kann doch gar nichts passieren.
Die ein oder andere Anti-Terrormaßnahme ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sinnlos. Aber sie bringt einen sicheren Listenplatz bei der nächsten Wahl. Womit ich jetzt bei meinem eigentlichen Thema angekommen bin: Der Frage, ob das Gegenteil von Sicherheit eigentlich Gefahr ist – oder Freiheit.
Aber jetzt ist die Seite leider schon voll und ich muss den Text beenden. Ich behaupte jedoch ganz selbstsicher: Es ist so sicher wie das Amen in der Kirche, dass ich diese sicherheitsrelevante Frage irgendwann erörtern werde.
Dieser Artikel wurde in der Straßenzeitung Zebra (Ausgabe November 2017) veröffentlicht.
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