Wenn Rudi Carell und Reinhard Fendrich früher ein „Herzblatt“ präsentiert hatten, dann hatte das nichts mit Watten oder Schafkopf zu tun, sondern mit herzergreifenden Liebesschwüren. Aber warum ist das Herz eigentlich Symbol für die Liebe? Andere Körperteile sind bei der Liebe doch viel mehr beteiligt. Klar, das Herz schlägt schneller, wenn man einen herzensguten Mensch beherzt umarmt – aber das tut es bei sportlicher Betätigung auch. Oder wenn man Angst hat. Das Herz könnte also genauso gut ein Symbol für Angst oder Sport sein. Warum reduzieren wir das Herz meist auf rote Farbe und Liebe? Auch der herzverpestete Valentinstag und diese ganze Herzschmerz-Musik – Herzilein, du musst nicht traurig sein; Herz an Herz; Jeden Herzschlag wert – reduziert unser wichtigstes Organ auf seine Funktion als Liebessymbol. Da müsste mal jemand beherzt eingreifen und erklären, wie wichtig das Herz-Kreislauf-System ist, und dass es nicht nur für herzzerreißende Schnulzen missbraucht werde sollte.
Noch nie hat man von Milzog, Leberog oder Lungenog gehört. Aber den Herzog, den gibt’s. Der ist Fußballer (Andreas), Eisschnellläuferin (Vanessa), Filmemacher (Werner), Architekt (& de Meuron) und deutscher Bundespräsident (Roman). Und dann gibt’s da noch Richard Löwenherz und die ganzen mittelalterlichen Herzoge. So mancher Mittelalter-Herzog hatte sein Herz am rechten Fleck, andere haben eher herzlos agiert. Da war das Wohl der Untertanen nicht unbedingt eine Herzensangelegenheit, eher sind sie von ganzem Herzen gerne in den Krieg gezogen und haben fremde Länder erobert. Und das ein oder andere Herz sicherlich auch. Denn die Person, der ein durchschnittlicher Herzensbrecher sein Herz gerne öffnen möchte, ist sicher nicht der Kardiologe.
Das Herz an sich hat mit dem mittelalterlichen Feudalsystem natürlich nichts zu tun, es ist zutiefst demokratisch – schließlich hat es zwei Kammern. Wichtige Entscheidungen, die auch die anderen demokratischen Organe betreffen, müssen sicherlich von beiden Herzkammern beschlossen werden.
Aber genug der Herzlichkeiten: Ich habe eine Herzensentscheidung getroffen und genieße nun auf dem Herzstück meines Zimmers sitzend ein Lebkuchenherz und schaue mir Urlaubsfotos aus Bosnien-Herzegowina an. Und ich freue mich schon jetzt auf das Herzschlagfinale bei der nächsten Fußball-WM. Das Spiel auf dem Rollrasen wird bei manchen zu Herzrasen oder gar Herzstillstand führen. Ich lege Ihnen ans Herz, das Spiel besser frohen Herzens zu genießen und ihre Herzfrequenz runterzufahren.
Herzliche Grüße,
Markus
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Dieser Artikel wurde in der Straßenzeitung Zebra (Ausgabe Februar 2018) veröffentlicht.
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