Samstag, 12. November 2016

Ich liebe Barack Obama

In den vergangenen Tagen musste ich oft an einen schwarzen Jungen denken. Ich weiß leider nicht mehr, wie er heißt. Er war 14 Jahre alt, als ich ihn bei meiner Amerikareise im Sommer 2008 in einem Hostel in Chicago kennengelernt habe. Er trug ein T-Shirt und eine Basecap mit Obama-Bild und kam beim Frühstück an meinen Tisch, um mich für Barack Obama zu begeistern. Es war gerade die heiße Phase des Präsidentschaftswahlkampfes, ganz Chicago war voll von Wahlwerbung. Haustüren und Autos voller Obama-Aufkleber. So einen Wahlkampf, in dem sich beinahe jeder Bürger deutlich zu seinem Kandidaten bekennt, habe ich davor und auch danach nie wieder erlebt. Der schwarze Junge hat mit einer Begeisterung von Barack Obama und von dessen Bedeutung für die Schwarzen gesprochen, die mir erst in diesem Moment begreiflich gemacht hat, wie sehr der Rassenkonflikt die USA im Sommer 2008 noch immer geprägt hat. Chicago, das vereinfacht ausgedrückt in einen weißen Norden und einen schwarzen Süden geteilt ist, symbolisiert die einstige Rassentrennung wie keine andere amerikanische Großstadt. Und dieser kleine, sympathische Junge, der selber nicht wählen durfte, hat mit seiner Begeisterung für Obama meine eigene Begeisterung für Obama noch weiter verstärkt. Ich musste ihm gestehen, dass ich nicht aus Amerika komme und folglich nicht wählen darf – aber das war ihm egal. Er hat darauf gedrungen, dass ich allen Menschen erzählen muss, wie toll Barack Obama ist und dass sie alle zur Wahl gehen sollen.
Der Junge aus Chicago ist heute 22 Jahre alt. In dem Lebensabschnitt, in dem man wohl am intensivsten politisch geprägt wird, wurde er von einem schwarzen Präsidenten regiert. Es ist schade, dass die Hautfarbe in den USA noch immer eine so große Rolle spielt, aber es freut mich für den Jungen aus Chicago, dass Obama damals gewonnen hat. Und es freut mich, dass Barack Obama acht Jahre lang Präsident war. Ich bin nach wie vor begeistert von ihm. Zugegeben, man hätte jemandem, der mit Drohnen auf die Zivilbevölkerung schießen lässt, nicht unbedingt den Friedensnobelpreis überreichen müssen. Aber die Begeisterung, die dieser Mensch mit jeder Rede aufs Neue entfachen kann; die Coolness, mit der er das wichtigste Amt der Welt ausgefüllt hat; die Überzeugung, mit der er den aussichtslosen Kampf gegen die republikanische Fundamentalopposition gekämpft hat; seine sympathische Familie; sein wunderbarer Humor – ich liebe Barack Obama. Und ich werde ihn vermissen. Und ich finde es schade, dass auf meinen deutschen Wahlzetteln noch nie ein Name gestanden ist, den ich mit solcher Überzeugung hätte ankreuzen können wie ich Barack Obama gewählt hätte.
Hillary Clinton konnte die Begeisterung, die Obama 2008 entfacht hat, nicht entfachen. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass sie damals als haushohe Favoritin die Vorwahlen gegen ihn verloren hat. Der sexistische, rassistische Milliardär mit dem toten Eichhörnchen auf dem Kopf hat es hingekriegt, Begeisterung zu entfachen. Er ist zum 45. Präsidenten der segregierten Staaten von Amerika gewählt worden. Das muss man nicht toll finden. Aber als Demokrat sollte man es akzeptieren. Das wütende, weiße Amerika musste acht Jahre lang einen schwarzen Präsidenten ertragen, der sich für Home-Ehe und Pflichtkrankenversicherung eingesetzt hat. Jetzt muss das intellektuelle Establishment einen islamophoben Lügner ertragen, der auf Protektionismus setzt und den Klimawandel leugnet. Ein Präsident wird es nie allen Recht machen. Aber zumindest der Mehrheit sollte er es Recht machen. Und die kann sich in vier Jahren wieder ändern. Hoffentlich.



Mehr zu meinem Chicago-Aufenthalt 2008 findet ihr hier.

Mittwoch, 9. November 2016

Election Night und Mountainbike

Heute ist ein trauriger Tag, denn Donald Trump wurde zum US-Präsidenten gewählt. Orange is the new black.
Heute ist ein fröhlicher Tag, denn ich hab mir endlich ein Mountainbike gekauft. Spaß im Gelände is back.
In Summe ist heute also ein durchschnittlicher Tag.

Übrigens: wenn man auf dem Kopf von Angela Merkel eine Orange zerdrückt, schaut sie ein bisschen aus wie Donald Trump.

Samstag, 5. November 2016

Dem Verbrennungsmotor den Stecker ziehen

Es ist nicht überliefert, dass der finnische Wirtschaftsminister einmal nach Südkorea geflogen ist, um Samsung davon zu überzeugen, doch bitte nicht so viele Smartphones zu bauen, weil der finnische Hersteller Nokia nach wie vor lieber Klapphandys baut und man Angst vor der Konkurrenz aus Fernost hat. Eine solche Reise wäre ja auch Quatsch gewesen, viel sinnvoller wäre es gewesen, wenn Nokia seine Produktion rechtzeitig konsequent auf Smartphones umgerüstet hätte. Dann wären tausende Arbeitsplätze gerettet worden und wir würden heute weiterhin mit europäischen Handys kommunizieren und nicht mit asiatischen oder kalifornischen.

Sehr wohl überliefert ist die Reise des deutschen Wirtschaftsministers Sigmar Gabriel nach China, wo er die chinesischen Politiker in der vergangenen Woche davon abbringen wollte, eine fixe Quote für die Zulassung von Elektroautos einzuführen. Schließlich bauen die deutschen Autohersteller nach wie vor lieber Autos mit Verbrennungsmotor und man hat Angst vor der Konkurrenz aus Fernost.

Die Reise war völliger Quatsch, viel sinnvoller wäre es, wenn die deutschen Hersteller ihre Produktion konsequent auf Elektrofahrzeuge umrüsten, bevor es zu spät ist. Was Europa jetzt braucht, sind großzügige Förderungen für Elektrofahrzeuge und strenge Restriktionen gegen Verbrennerfahrzeuge. China und Kalifornien zeigen, wie es geht. In Chemnitz und Köln vergiften wir uns hingegen weiterhin mit krebserregenden Diesel-Abgasen, lassen uns vom Verkehrslärm stressen und freuen uns, dass die Erfinder von Dieselmotor (Rudolf Diesel) und Ottomotor (Nicolaus Otto) Deutsche waren. Und dass wir die weltbesten Verbrennungsmotoren bauen. So wie Nokia einst die weltbesten Handys gebaut hat. Und Kodak die weltbesten Analogfilme. Sowohl Nokia als auch Kodak haben große Gewinne gemacht, sich auf ihren Erfolgen ausgeruht und zu spät gemerkt, dass sie von moderneren Technologien überholt werden. Geschichte wiederholt sich.

Von einem Wirtschaftsminister darf man erwarten, dass er sein Land in das 21. Jahrhundert führt. Es sollte nicht seine Zielsetzung sein, die Technologien des 19. Jahrhunderts möglichst lange zu erhalten. Die Verlängerung der Vergangenheit in die Zukunft scheint aber eine Kernkompetenz der SPD unter Sigmar Gabriel und Hannelore Kraft zu sein. Braunkohle und Diesel haben bald ausgedient. Die SPD auch? Der Weg ins 21. Jahrhundert ist auf jeden Fall ein Fahrradweg, keine Autobahn. Und der Antrieb des 21. Jahrhunderts ist elektrisch, nicht krebserregend.

Die Erfinder des Elektromotors (Werner von Siemens) und des Fahrrads (Karl Drais) waren übrigens auch Deutsche. Die Weiterentwicklungen ihrer Erfindungen – seien es Elektroautos, Lastenfahrräder oder Fixies – sind dabei, die Großstädte dieser Welt zu erobern. Gebaut werden sie allerdings eher in Kalifornien und China. Nicht in Chemnitz oder Köln. In Köln rollen bei Ford nach wie vor nur Autos mit Verbrennungsmotor vom Band. In der Nähe von Chemnitz befindet sich mit den Diamantwerken immerhin die älteste produzierende Fahrradfabrik Deutschlands. Sie wurde 2003 von einer amerikanischen Firma aufgekauft.