Freitag, 14. September 2018

Warum mich die Deutsche Bahn mal am Arsch lecken kann

Liebe Deutsche Bahn,

ich gratuliere dir zu deiner unfassbaren Unfähigkeit. Die spart dir nämlich viel Geld, die dich deine unfassbare Unfähigkeit sonst kosten würde. Warum? Weil du nicht in der Lage bist, durchgehende Tickets nach Südtirol auszustellen, wenn in der Reisekette Züge enthalten sind, an denen du nicht selber beteiligt bist. Also musst du keine Entschädigung zahlen, wenn aufgrund deines Versagens mal wieder was schief geht und man die Reise nur mit Verspätung oder gar nicht mehr am selben Tag beenden kann. Also immer. 

Glücklicherweise wohne ich mittlerweile in Südtirol und bin in meinem Alltag nicht mehr auf dich angewiesen. Aber bei den meisten Fahrten in und durch meine deutsche Heimat bin ich weiterhin von dir abhängig. Und jedes Mal zeigst du dich von deiner Schattenseite. The same procedure as last time, Deutsche Bahn? - The same procedure as every time, Markus:

Bei meinem drittletzten Aufenthalt in Deutschland hast du mir zum Beispiel zwischen Puttgarden – bis zum Überschreiten der deutschen Grenze hatte wie immer alles reibungslos geklappt – und Hamburg so viel Verspätung eingebrockt, dass ich den ÖBB-Nachtzug nach Innsbruck nicht mehr erreichen konnte. Statt mit dem bequemen ÖBB-Zug musste ich mit deinen unbequemen Sardinenbüchsenzügen fahren, kam mehrere Stunden später in Bozen an als geplant – aber entschädigt wurde ich für den verpassten Nachtzug nicht, denn wie deine antikulanten Angestellten richtig bemerkt haben: Ich hatte ja kein durchgehendes Ticket. Und warum hatte ich kein durchgehendes Ticket? Weil DU UNFÄHIGSTER BAHNBETREIBER DER WELT zu unfähig bist, eines auszustellen. Beziehungsweise weil du zu unfähig bist, Nachtzüge zu betreiben. Die ÖBB beherrscht das ganz hervorragend, auch in Deutschland. 

Warten in Puttgarden

The same procedure as last time, Deutsche Bahn? The same procedure as every time, Markus.

Bei meinem vorletzten Aufenthalt in Deutschland hast du mir ein unfassbares Chaos angerichtet, weil die Fahrzeiten auf meiner Fahrkarte nichts mehr mit dem reellen Fahrplan zu tun hatten. Ich sollte plötzlich zusätzlich in Würzburg umsteigen, das ging dann aber doch nicht, weil ich mittlerweile so viel Verspätung hatte, dass ich den anderen Zug nicht mehr gekriegt hätte… Die „Qualitätszeit“ im Zug hatte ich also mal wieder überwiegend mit Alternativverbindungssuche im DB Navigator verbracht. Kurzum: Es freut mich wirklich sehr für dich, dass du deine baustellenbedingten Verspätungen in letzter Zeit reduzieren konntest. Der dafür nötige Trick, einfach die Fahrpläne zu ändern und die Fahrzeiten zu verlängern, ist aber schnell zu durchschauen. Und vor allem solltest DU RINDVIEH VON EINEM VERKEHRSDIENSTLEISTER deine Fahrgäste, denen du ein Ticket verkauft hast, vorab informieren, dass der auf dem Ticket angezeigte Fahrplan überhaupt nicht mehr gültig ist. 

Noch dümmer als die Deutsche Bahn kann man Steckdosen und Haltestangen nicht einbauen.

Bei meinem letzten Besuch in Deutschland hast du mit einem Triebkopfschaden und einer Oberleitungsstörung dafür gesorgt, dass ich die zwei Stunden Puffer, die ich dieses Mal in Hamburg eingeplant hatte, nicht wie vorgesehen mit einem guten Freund frühstückend verbringen konnte, sondern nur Zeit für ein schnelles Franzbrötchen war, bevor ich in die einzige funktionierende Tür des anschließenden Eurocity einstieg. Reisekostenrückerstattung habe ich gleich gar nicht versucht, bei meinem Interrailticket wärst du sicher auch wieder zu unfähig gewesen, mir eine Erstattung auszuzahlen. In den anschließenden zwei Wochen Interrail-Urlaub in Skandinavien waren übrigens alle Züge immer pünktlich. Sicher nur ein Zufall.

Schnelles Franzbrötchen, dann zur einzigen funktionierenden Tür des EuroCity

Nach zwei Wochen funktionierenden Bahnen in Skandinavien wieder in Deutschland gelandet...

Letztes Wochenende war es wieder so weit: ein Besuch in Deutschland. Eine Fahrt mit dir. Und es wird dich nicht überraschen: Du hast mir schon wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht. Mein Ziel war, via Passau, Mühldorf, Kufstein und Innsbruck am späten Abend in Bozen anzukommen. Das Ticket ging aber nur bis Innsbruck – du ahnst es: Du ALBTRAUM JEDES REISENDEN warst nicht in der Lage, mir ein durchgehendes Ticket zu verkaufen. Schlimmer ist jedoch, dass du nicht in der Lage warst, schon in Passau anzusagen oder anzuzeigen, dass der Zug nach Mühldorf gar nicht bis nach Mühldorf fährt! Ganz genau, mal wieder baustellenbedingt den Fahrplan geändert, aber keine Infos an diejenigen, die schon ein Ticket für diesen Zug gebucht hatten. Und nicht mal an diejenigen, die gutgläubig der Anzeigentafel vertrauend in den Zug eingestiegen sind. Dieser alte Trick, Fahrgäste in den Wahnsinn zu treiben, funktioniert einfach immer wieder. 

Erst zwei Minuten vor der Ankunft in Pocking gab es – vom Band! So richtig kurzfristig kann die Streckensperrung also nicht gewesen sein! – die Information, dass der Zug in Pocking endet und es von dort einen Schienenersatzverkehr nach Eggenfelden gibt. Mit 36 (!) Minuten Wartezeit auf den Bus – und 0 (!) Hinweisschildern, Fahrplanaushängen, Ansagen oder ähnlichem am gottverlassenen Bahnhof Pocking. In keinem anderen Land Europas wird Bahnfahrgästen eine solche Unverschämtheit zugemutet. 

Der Navigator weiß, dass es Ersatzverkehr gibt. Der Fahrgast nicht.


36 Minuten Wartzezeit, aber 0 Info in Pocking

Mobiles Internet in niederbayerischen Regionalzügen

Walkman-Verbot im niederbayerischen Ersatzbus. 2018 in Deutschland.

Kompetente Menschen, die man etwas fragen könnte (ich nenne sie „Schaffner“, du nennst sie ganz unkompliziert „Kundenbetreuer im Nahverkehr“) gibt es in deinen niederbayerischen Regionalbahnen noch weniger als mobiles Internet. Aber schnell ist klar: Ich habe keine Chance mehr, noch am selben Tag nach Bozen zurückzukommen. Nicht via Rosenheim, nicht via München, zumindest nicht mit der Bahn. Mein Retter in der Not ist grün und zuverlässig: Ich konnte mir (hach, wie unkompliziert ist der Buchungsvorgang bei Flixbus im Vergleich zu dem bei dir) ein Flixbus-Ticket von München nach Bozen buchen, mit Ankunft um 1:50h (ich greife mal vorweg, dass der Bus pünktlich gewesen sein wird). Keine schöne Uhrzeit, um ins Bett zu gehen, wenn man am nächsten Tag früh ins Büro muss. Aber du in deiner Unfähigkeit, ein durchgehendes Ticket auszustellen, hättest mich ja unterwegs stranden lassen, ohne mir ein Hotel zu zahlen. Also Flixbus. Also will ich mir in Mühldorf im Reisezentrum bestätigen lassen, dass ich mehr als eine Stunde Verspätung habe und nun statt nach Rosenheim nach München weiterfahren darf. Das Reisezentrum hat aber natürlich geschlossen. Also begebe ich mich auf das Gleis, wo der Regionalexpress nach München wartet. Tatsächlich: Es steht eine Schaffnerin, pardon, Kundenbetreuerin im Nahverkehr, auf dem Bahnsteig. Kurz und diplomatisch erkläre ich ihr – mein hinfälllig gewordenes DB-Ticket und mein frisch gebuchtes Flixbus-Ticket zeigend – mein Problem: Dass ich aufgrund der Streckensperrung heute nicht mehr nach Hause komme, außer ich fahre jetzt nach München und von da mit dem Flixbus weiter. Ich frage sie, ob ich nun wenigstens mit dem Zug nach München fahren kann, wenn ich von der Bahn sonst schon keine Entschädigung zu erwarten habe. Sie schaut mich an und sagt: Nein. 

Ich hab kurz darüber nachgedacht, komplett auszurasten, den Bahnhof Mühldorf zu verwüsten oder zumindest die Schaffnerin zu erwürgen. Habe mich dann aber doch spontan umentschieden und höchst diplomatisch weiterargumentiert, warum es für mich nicht ganz unwichtig sei, in diesen Zug einsteigen zu dürfen. Die gute Frau ließ sich erweichen, aber „psssst! Verraten Sie das bloß nicht weiter, ich dürfte das eigentlich nicht.“ Ich konnte mir nicht verkneifen, sie davon in Kenntnis zu setzen, dass ich es nicht eben für eine großzügige Geste der Deutschen Bahn halte, mich nach diesem nervenaufreibenden Chaos wenigstens ohne Aufpreis nach München fahren zu lassen, wo ich doch schon auf die Nutzung des Tickets nach Innsbruck verzichte, keinerlei Entschädigung erhalte und zusätzlich ein Busticket zahlen muss. Und ich frage dich, liebe Deutsche Bahn: HAST DU EIGENTLICH NOCH ALLE TASSEN IM SCHRANK, deine Mitarbeiterinnen anzuweisen, Fahrgäste, pardon, Beförderungsfälle, in so einer Situation abzuweisen? BIST DU VON SÄMTLICHEN GUTEN GEISTERN VERLASSEN? Anscheinend schon. KRIEGST DU EIGENTLICH GAR NICHTS MEHR AUF DIE REIHE? Auch das. 

Jedes Mal, wenn ich in Deutschland bin und mit dir fahren „möchte“, funktioniert es nicht. Immer nur in Deutschland funktioniert die Bahn nicht. Aber da jedes Mal. 

Wenn du nun denkst, ich habe in der obigen Auflistung einzelne Fahrten in den letzten Monaten in Deutschland unterschlagen, die pannen- und verspätungsfrei abgelaufen sind, dann muss ich zugeben: Ja, diese Fahrten gab es. Die habe ich aber allesamt mit Flixbus zurückgelegt. Und nicht mir dir ZUVERLÄSSIG UNZUVERLÄSSIGEM SAUHAUFEN

So zum Beispiel meine Hinfahrt nach Deutschland letzte Woche. In Frankfurt bin ich nach dem Verlassen des bequemen und pünktlichen Nachtbusses auf ein Werbeplakat gestoßen, auf dem du mir empfiehlst: „Fahr doch nichts Flixbeliebiges.“ Mein erster Eindruck beim Lesen dieser IC-Bus-Werbung war: Wenn es irgendein Unternehmen auf dieser Welt gibt, das keine vergleichende Werbung machen sollte, dann bist das du, liebe Deutsche Bahn!

Wenn irgendein Unternehmen dieser Welt auf vergleichende Werbung verzichten sollte...

Aber beim zweiten Lesen habe ich die subtile Botschaft dann verstanden: Du empfiehlst mir ganz generell, lieber Bus zu fahren. Weil dir deine unfassbare Unfähigkeit, Schienenfahrzeuge zu betreiben, selber auch nicht entgangen ist, empfiehlst du deinen eigenen Kunden, doch wenigstens den DB-Bus zu benutzen, wenn sie schon von der Bahn auf den zuverlässigeren und nervenschonenderen Bus umsteigen.

Ein interessanter Gedanke, auf den IC-Bus umzusteigen. Aber wissend, dass er von DIR betrieben wird, beantworte ich deinen Vorschlag mit einem von Herzen kommenden: VERGISS ES! DU KANNST MICH MAL AM ARSCH LECKEN, DEUTSCHE BAHN! Und Verspätungsgutschein will ich auch keinen, diesen einzulösen hieße ja, dass ich wieder auf deine „Dienste“ zurückgreifen müsste. Von denen habe ich vorerst genug.

Herzallerliebst,

dein Markus Belz (ProBahn-Mitglied, ehemals BC100-Kunde, mittlerweile am liebsten überhaupt nicht mehr DB-Kunde)

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